15. Jan 2021

Blick aus Amerika: Nachhaltige Infrastruktur mit Active-Site-Technologie

Blick aus Amerika: Nachhaltige Infrastruktur mit Active-Site-Technologie
Blick aus Amerika: Nachhaltige Infrastruktur mit Active-Site-Technologie

Philip Juneau erklärt, welche Schritte notwendig sind, um ein energieautarker Standort zu werden und warum es wichtig ist, Standardtechnologien wie KNX zu nutzen, um Gebäudedaten zu erfassen, zu automatisieren und zu verwalten.

Vor etwas mehr als sechs Jahren durfte ich als Koautor für das renommierte Magazin ABB Review einen Artikel mit dem Titel ‚Aktive Liegenschaften‘ (Active Site) verfassen. Darin wurde erklärt, wie erneuerbare Energien zusammen mit der Vor-Ort-Erzeugung und -Speicherung auf einem Industrie- oder großen Campusgelände (d. h. Mikronetz) für Energieunabhängigkeit sorgen können, während die Anbindung des Energieversorgers genutzt wird, um bei Bedarf Energie zu beziehen oder überschüssige Energie wieder abzugeben. Blickt man auf die vergangenen Jahre zurück, so entwickelt sich das Stromnetz wirklich zu einem Smart Grid, das in der Lage ist, die sich weiterentwickelnden intelligenten Städte mit Strom zu versorgen; zerlegt man dies in überschaubare Einheiten oder Blöcke in einer Stadt oder geografischen Region, hat man das, was man mehrere ‚aktive Liegenschaften‘ nennt. Eine Active Site kann ihr eigenes Mikronetz mit individuellen, komplexen Energielasten und ihre Schnittstelle zum dynamischen Makro-(Strom)-Netz komplett autonom steuern und optimieren. Ihr Hauptzweck ist es, die eigene Optimierung der Energienutzung und der Kosten sicherzustellen und gleichzeitig die vollständige Teilnahme des Mikronetzes am so genannten Smart Grid zu ermöglichen. Die Nennleistung von Active Sites liegt zwischen 100 kW und 50 MW.

Die Kopplung und Kommunikation zwischen Liegenschaft und Energieversorger müssen sowohl technisch als auch wirtschaftlich vollständig aufeinander abgestimmt sein. Es geht um die einfache, aber herausfordernde Abstimmung von angebotsseitigen und nachfrageseitigen Managementperspektiven, was leichter gesagt ist als getan. Dieser Artikel möchte vermitteln, dass die heute existierende Active-Site-Technologie noch fortschrittlicher ist und sich effektiv einsetzen lässt.

Active Site in der Realität

Tatsächlich ist eine aktive Liegenschaft für die meisten größeren energieverbrauchenden Campusse, Komplexe oder Industrieanlagen ein machbares Unterfangen, da sie alle Voraussetzungen für eine intelligente Infrastrukturlösung bietet; zu den wichtigsten zählt ihr Basis-Energieprofil, d.h. die Energienutzung über eine Zeitspanne. Das bedeutet, dass eine konstante Grundlast für eine zuverlässige Energienutzung vorhanden ist, damit die Vor-Ort- und/oder regenerativen Erzeugungsanlagen das Energie- und CO2-Profil unter Kosten- bzw. Emissionsgesichtspunkten optimieren können.

Der Energiebedarf (d.h. die Leistungsaufnahme) über eine Zeitspanne muss bis auf die Ebene der Last/Geräte ausgewertet werden, sowohl unter gebäudetechnischen Gesichtspunkten als auch in Bezug auf das Kerngeschäft. Eine solche Geräteliste mit den Betriebsstunden erweist sich bereits als wertvoll auf dem Weg zu einer aktiven Liegenschaft. Natürlich muss dies gemeinsam mit Ihrem Gebäudebetrieb und den Mitarbeitern sorgfältig beurteilt werden, um die Sicherheit und den Komfort der Gebäude zu gewährleisten, bevor nachteilige Auswirkungen der Effizienzmaßnahmen auf den Prüfstand kommen.

Kritische Aspekte einer Vereinheitlichung der Infrastruktur

Um die Komplexität innerhalb der Gebäudeinfrastruktur zu vereinheitlichen, beginnen Sie - wie bereits erwähnt - am besten zunächst mit dem Energieprofil. Bei der Erstellung einer Geräteliste empfiehlt es sich, folgende Informationen für jedes Gerät/jede Komponente zu erfassen:

  • Standort
  • Leistungsvariablen: Pferdestärken (PS) oder Leistung (W), Spannung (V), Volllaststrom (FLA)
  • Nutzungsdauer (spezifischer Start und Stopp, d.h. Laufzeiten)
  • Versorgter Bereich (z. B. Klimagerät, das einen Klinikbereich versorgt)
  • Herstellungsdatum des Geräts (Alter)
  • Bedienelemente oder Schnittstellen zur Überwachung und Steuerung
  • Allgemeine HinweiseHinweis: Ideal sind Istwerte über einen Zähler oder ein anderes Datenerfassungsgerät.

Sobald die Liste erstellt ist, können Sie die wesentlichen Elemente der Energielast der Anlage/des Campus bestimmen, um mögliche Lösungen näher zu untersuchen. Ermitteln Sie zunächst die Konnektivität der Anlage oder des Gebäude-Energiemanagementsystems (BEMS), da dies der Grundstein für ein intelligentes Gebäude/eine Anlage oder einen Campus ist. Stellen Sie zweitens die Verwendung von offenen Protokollen für die Gebäudesteuerung, wie BACnet und KNX, die auch in der Branche als Standard gelten, sicher. Versuchen Sie außerdem, hierfür IP-Kommunikation zu verwenden, d. h. BACnet/IP und KNX/IP, da dies sowohl die Kommunikation rationalisiert als auch die Zuverlässigkeit verbessert. Beide Punkte sind die grundlegendsten und wichtigsten, die es zu beachten gilt, da sie die Möglichkeit der künftigen Skalierung und Modifizierung/Anpassung bieten - das war‘s!

Die Lösung in der Realität

Wie bereits erwähnt, ist eine aktive Liegenschaft ein machbares Unterfangen, da sie alle Komponenten für eine intelligente Infrastrukturlösung enthält. Lassen Sie uns also über die Integration dieser Komponenten sprechen, also energieverbrauchende Geräte und Infrastruktur. Was alle miteinander verbindet, ist eine Vereinheitlichung von offenen Protokollen und Standards der Gebäudetechnik, die untereiner einzigen intelligenten, IP-konvergenten SCADA-Plattform (Supervisory Control and Data Acquisition) integriert sind.

Durch die Verwendung von KNX-Sensoren und -Schaltern für Benutzerschnittstellen und DIN-Schienen-Steuerungen für die lokale Gerätesteuerung sowie IP-basierten BACnet-Controllern für zentrale Anwendungen wird die Erfassung, Automatisierung und Verwaltung Ihrer Gebäudedaten extrem einfach.

Die oben beschriebenen Lösungsschritte müssen nicht alle gleichzeitig durchgeführt werden. Machbar ist eine skalierbare Lösung, die innerhalb jedes Lebenszyklus viele Wiederholungen durchläuft. Wichtig ist, dass Sie sich auf die prioritären Bereiche innerhalb Ihrer Anlage oder Ihres Campus konzentrieren und die folgenden technischen Maßnahmen beachten, während Sie den oben erwähnten Ansatz der offenen Protokolltechnologie verfolgen:

  • Verschiebung der Nutzungszeit in Tarife außerhalb der Hauptlastzeiten
  • Optimaler Start/Stopp der Geräte
  • Begrenzung des Spitzenbedarfs für kontrollierbare Lasten/Geräte

Der Prozess zur Implementierung aktiver Liegenschaften stammt aus dem oben genannten Artikel und sollte als Richtlinie verwendet werden, auch bei kleineren Projektiterationen. Wichtig ist, an irgendeiner Stelle anzufangen. So können Überwachungsdaten zusammen mit Analysen auch das Nutzerverhalten und den Betrieb von Gebäuden/Anlagen/Campus verändern.

Fazit

Wenn Sie am Betrieb einer größeren Anlage, eines Campus oder einer Industrieanlage mit Grundlastbetrieb beteiligt sein sollten, dann kommt für Sie eine Active Site in Frage! Die Technologie steht bereit, und Sie können sich zunächst auf die einfache Überwachung Ihres Basis-Energieprofils beschränken, um besser zu verstehen, wo Sie beginnen und worauf Sie sich konzentrieren sollten. Es braucht lediglich Engagement, Transparenz und gut eingesetzte Ressourcen, um Geld zu sparen und uns allen zu helfen, eine Netto-Null-Infrastruktur zu erreichen.

Philip R. Juneau ist Chief Commercial Officer der Automated Technology Company (ATC) und Vizepräsident der KNX USA National Group. ATC hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Gebäude von heute in die Netto-Null-Infrastruktur von morgen zu verwandeln, indem es ein Höchstmaß an Sicherheit, Komfort und Effizienz für das allgemeine Wohlbefinden seiner Nutzer und der gesamten Umwelt gewährleistet.

www.atcjomo.com

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