14. Sep 2021

Smart Homes, Gebäude und Städte: Ohne KNX kann es keine Energiewende geben

Smart Homes, Gebäude und Städte: Ohne KNX kann es keine Energiewende geben
Smart Homes, Gebäude und Städte: Ohne KNX kann es keine Energiewende geben

Yasmin Hashmi stellt die Highlights der Podiumsdiskussion „Smart Energy Management with KNX" auf dem kürzlich abgehaltenen Smart Energy Summit vor, auf dem die Bedeutung von KNX beim Übergang von fossilen Brennstoffen zu Null-CO2 diskutiert wurde.

Das Management von Energieflüssen in einem Gebäude ist seit seiner Gründung ein Interessengebiet von KNX. Schon bald erweiterte KNX seinen Fokus über die Grenzen eines einzelnen Hauses oder Gebäudes hinaus auf das Energiemanagement eines Stadtteils oder sogar einer ganzen Stadt. Dies zeigte sich bereits 2012 auf der Light+Building, wo die KNX Association „KNX City" präsentierte und zeigte, wie das Konzept einer intelligenten Stadt mit vorhandenen KNX-Produkten realisiert werden könnte.

Neun Jahre später steht der Klimawandel ganz oben auf der Agenda und das Konzept der intelligenten Stadt und der Übergang von fossilen Brennstoffen zu einer CO2-freien Energie war nie so relevant. Welche Rolle kann KNX also spielen und wie kommen wir voran?

In der Podiumsdiskussion „Smart Energy Management with KNX" im Laufe der letzten Online-Veranstaltung des KNX Smart Energy Summit diskutierten vier Branchenexperten, wie KNX bereits für die Digitalisierung der Energiewende eingesetzt wird und was getan werden muss, um weitere Fortschritte zu erzielen.

Optimierung des Energieverbrauchs im Haushalt

Der Weg zur Optimierung des Energieverbrauchs im Haushalt führt im Idealfall über ein sektorübergreifendes Management für Strom, Wärmeversorgung und E-Mobilität durch die koordinierte Nutzung von Erzeugungs-, Verbrauchs- und Speicherressourcen im Haushalt. Jürgen Leppig, Vorsitzender des Bundesverbandes GIH e.V. der unabhängigen Energieberater, weist darauf hin, dass Wärmepumpen zwar in der Regel über das Modbus-Protokoll kommunizieren, dies aber kein Problem ist, da es Gateways gibt, die Modbus in KNX konvertieren. Das bedeutet, dass die Wärmepumpe nun über das KNX HEMS (Home Energy Management System) gesteuert werden kann. Darüber hinaus wurde der Batteriespeicherlösungsanbieter sonnen GmbH im Jahr 2020 Teil der KNX Association, sodass das HEMS nun die Möglichkeit hat, den Energieverbrauch (einschließlich EV-Ladepunkte) je nach Batteriespeicher zu steuern, um ein dynamisches Lastmanagement durchzuführen und den Verbrauch zu optimieren. Außerdem betont Leppig, dass die Verbrauchsoptimierung nicht an den Grenzen des Gebäudes enden muss: „KNX eignet sich für die Sektorenvernetzung - was uns völlig neue Bereiche erschließt!"

E-Mobilität

Laut Helmut Haßenpflug, Geschäftsführer des Systemintegrationsunternehmens IGT GmbH, gab es bereits 2012 Diskussionen über die Sektorenvernetzung und die Elektrifizierung der Mobilität; damals gab es in ganz Deutschland gerade einmal 4500 Elektroautos. Er stellt fest: „Ende 2020 waren bereits 350.000 Elektroautos auf unseren Straßen unterwegs und bis Ende dieses Jahres sollen es 1,1 Millionen sein. Wie groß auch immer die Zahl ist, sie erreicht jetzt ein Niveau, bei dem es anfängt, interessant zu werden. Die Sektorenvernetzung mit E-Mobilität und Wallboxen [Wandladestationen, die schneller sind als herkömmliche Steckdosen] muss zuerst gemeistert werden, aber das können wir mit den Produkten, die wir bereits haben, umsetzen."

Haßenpflug weist darauf hin, dass die Herausforderung für KNX darin besteht, Elektroautos im Smart Home laden und in das Energiemanagementsystem einbinden zu können. Das Auto muss wissen, was das Haus macht und umgekehrt, und die Daten dazu kommen über den KNX-Backbone. KNX übernimmt die Rolle des Dirigenten im Energiekonzert und harmonisiert die Abläufe zwischen bis zu fünf Ladegeräten unterschiedlicher Typen und Hersteller, der PV-Anlage mit zugehörigem Wechselrichter, dem Batteriespeicher und den Verbrauchern im Smart Home. Haßenpflug ergänzt: „Dass dies bereits ohne das Durchbrennen der Haussicherung möglich ist, zeigt, wie gut KNX in diesem Umfeld funktioniert und jetzt deutlich an Tempo zulegt."

Aufklärung des Elektrohandels und der Öffentlichkeit über die Vorteile von KNX

Die Vorteile von KNX liegen auf der Hand und werden von Branchenkennern gut verstanden, aber es gibt noch viel zu tun. So weit verbreitet KNX heute beispielsweise auch sein mag - in Deutschland liegt der Anteil von KNX an Smart Homes und Geschäftsgebäuden bei 56 % - das System ist noch lange kein Kinderspiel. Die Smart-Home-Landschaft ist immer noch zu bruchstückhaft und es gibt viele konkurrierende und sich überschneidende Systeme. Hermann Schmidt, Geschäftsführer der KNX-Systemintegrationsgesellschaft HSC Informatik, stellt fest: „Meine Erfahrung ist, dass Kunden von KNX überzeugt werden müssen, weil sie von der Vielfalt und Komplexität der Angebote auf dem Markt überwältigt sind."

Da KNX ein offener, weltweiter Standard ist, dem mehr als 500 Hersteller entsprechen, sollte es sich leicht verkaufen lassen, vor allem weil Produkte verschiedener Hersteller gemischt und aufeinander abgestimmt werden können und sie nahtlos zusammenarbeiten werden. Das bietet dem Kunden einen zukunftssicheren Schutz und bedeutet, dass er nicht von einem Lieferanten abhängig ist. Schmidt merkt an: „Seit 2009 habe ich schon so manches System in Vergessenheit geraten sehen - proprietäre Lösungen sind dafür anfällig." Deshalb entschied er sich zunächst für KNX für sein eigenes Zuhause, gerade weil es kein proprietäres System ist.

KNX hat den zusätzlichen Vorteil, dass es sich ständig weiterentwickelt und dennoch rückwärtskompatibel bleibt, was das Beispiel eines KWK-Projekts (Kraft-Wärme-Kopplung) beweist, an dem Schmidt seit 2012 beteiligt ist. Ein Unternehmen hatte sich entschieden, eine KWK-Einheit (40 kW thermische Leistung, 15 kW elektrische Leistung) anzuschaffen, um betriebsbereit zu bleiben, da die Versorgung über das Netz sehr instabil war. Bei Bedarf wird zudem ein Gas-Heizkessel zugeschaltet. Zusätzlich wurden Nebengebäude in 150 m Entfernung integriert. Jetzt wird das Energiemanagementsystem um eine bestehende PV-Anlage und einen 70-kW-Lithium-Ionen-Batteriespeicher erweitert.

„Alle Geräte müssen miteinander kommunizieren, aber KNX-Schnittstellen sind in diesen Bereichen eher selten, während Modbus häufiger vorkommt", sagt Schmidt. Trotzdem konnte er das Problem relativ einfach lösen, da es mittlerweile viele Gateways gibt, die verschiedene Steuerungsprotokolle in KNX konvertieren. In diesem konkreten Beispiel verwendete er den EibPC² von Enertex Bayern. Dieses Beispiel zeigt aber vor allem, dass das Energiemanagementsystem seit 2012 in Betrieb ist und dank der Flexibilität und Weiterentwicklung von KNX immer weiter ausgebaut wird.

Sicherheit und Systemstabilität

Ein weiterer Vorteil von KNX ist laut Schmidt, dass „ein KNX-System nicht nur als offenes System, sondern auch als geschlossenes System aufgebaut werden kann. Das ist ein wichtiger Aspekt in Bezug auf die Sicherheit. Was passiert beispielsweise, falls das Internet ausfallen sollte? Mit KNX hört das Smart Home in jedem Fall nicht auf zu funktionieren, sondern arbeitet ungestört weiter." Dies liegt daran, dass KNX eine Intelligenz verwendet, die über das System verteilt und nicht zentral platziert oder in die Cloud ausgelagert wird, sodass es keinen zentralen Fehlerpunkt gibt, der das System zum Absturz bringen kann. Ganz gleich, welches Gerät vielleicht ausfallen mag, alles andere funktioniert weiterhin. KNX bietet zudem leistungsstarke Cybersicherheit durch die KNX-Secure-Technologie.

Installateure

Ein weiterer Vorteil von KNX ist die wachsende Zahl zertifizierter Installateure auf der ganzen Welt, was laut Bernd Zeilmann, dem Leiter der Innung Bayreuth für Elektrotechnik und Informationstechnik, entscheidend ist und dazu führt, dass Kunden nicht im Stich gelassen werden, falls ihr Installateur nicht mehr verfügbar sein sollte. Er betont: „Je mehr Handwerker sich mit KNX auskennen, desto besser. So kann jedes Unternehmen sofort dort weitermachen, wo ein anderes aufgehört hat. Daher ist es wichtig, dass wir in die Berufsschulen gehen!"

Letztendlich ist es das Elektrohandwerk, das die Haus- und Gebäudeautomation umsetzen und die Energiemanagementsysteme vor Ort aufbauen muss. „Der Energieverbrauch muss bis 2050 um 50 Prozent gesenkt werden", sagt Zeilmann, „aber das Elektrohandwerk ist zu wenig involviert und viele Unternehmen kennen sich in diesem Bereich nicht gut aus. Nur mit jungen Fachkräften können wir das Ziel erreichen." Aus diesem Grund wurde in Deutschland der neue Beruf des „Elektronikers für die Gebäudesystemintegration" geschaffen. Aber Zeilmann warnt: „Meine Sorge ist, dass wir es kaum schaffen, die in naher Zukunft entstehende Nachfrage für die neue Ausbildung zu bewältigen."

Ein Platz am Tisch

Zeilmann ist außerdem besorgt, dass das Elektrohandwerk ganz neuen Anforderungen gegenübersteht. Eine vorausschauende Energiesteuerung ist das Ziel: „Wir müssen also die Eigenerzeugung und den Eigenverbrauch berücksichtigen, den Netzzustand überwachen, um die Netzkosten zu senken, den Strommarkt berücksichtigen, weil es bald flexible Strompreise geben wird, und den gesamten Prozess 96 Stunden im Voraus planen. Zu guter Letzt müssen wir uns darauf verlassen, dass das Handwerk all dies wirtschaftlich attraktiv umsetzt." Ein weiterer Punkt, den Hermann Schmidt anmerken möchte, ist, dass KNX-Profis bei der Ausarbeitung von technischen Regelwerken zur Sektorenkopplung von z. B. E-Mobilität und Netzintegration mit am Tisch sitzen müssen.

KNX und die Energiewende

Wie können die Funktionen bestehender KNX-Anlagen und die Produkte der KNX-Mitglieder die Herausforderungen einer erfolgreichen Umsetzung der Energiewende meistern? Laut Zeilmann ist die Tatsache, dass KNX unabhängig und bereits weit verbreitet ist, ein guter Ausgangspunkt. Hermann Schmidt ergänzt: „KNX muss intelligente Schnittstellen schaffen, die jeder versteht - etwas Umfassendes wie KNX-IoT." Bernd Zeilmann sieht das genauso: „Dazu muss mehr Intelligenz in die Systeme einfließen." Darauf aufbauend wünscht er sich künftig weniger Gerätetypen, etwa durch die Integration von Aktoren und Sensoren.

KNX ist laut Helmut Haßenpflug gut gerüstet, um bei der Wende eine wichtige Rolle zu spielen. „Alle benötigten Produkte sind vorhanden und wir können sie mit bestehenden Heimenergiemanagement-Systemen nutzen, was bei Smart Homes bereits gut funktioniert. Trotzdem gibt es in Bezug auf Heizung und Lüftung noch viel zu tun. Derzeit statten noch zu wenige Anbieter ihre Geräte mit intelligenten Schnittstellen aus oder wollen die Schnittstellen überhaupt nicht für andere öffnen - gerade in den höheren Leistungsbereichen."

Fazit

Dank des Einfallsreichtums und Innovationsgeistes der über 500 KNX-Mitglieder in rund 50 Ländern, die mittlerweile ein breites Sortiment an unterschiedlichen KNX-Geräten anbieten, lässt sich nahezu jedes Problem lösen und jeder Automatisierungswunsch erfüllen.

Durch die Vielfalt an KNX-Geräten, die nun im IoT-Umfeld eingesetzt werden können, erfüllt KNX bereits jetzt die Anforderungen, um die Sektorenvernetzung und Lastverlagerung realisieren zu können. Insbesondere Ladestationen für Elektroautos lassen sich in Smart Homes und Smart Buildings integrieren - ein wichtiger Aspekt für eine erfolgreiche Energiewende.

Die technischen Vorteile von KNX liegen auf der Hand, aber es ist auch wichtig, die Endanwender einzubinden. Dazu schlägt Jürgen Leppig vor: „Das gesamte Thema Hausautomation muss in die Öffentlichkeit getragen werden. Hier geht es nicht um die technischen Diskussionen im Detail. Die Endanwender sollten die komplexe Technik dahinter nicht einmal bemerken - das funktioniert nur, wenn wir überzeugende Lösungen anbieten können." Die jetzt einzuführenden Smart-Meter-Gateways bieten hierfür neue Möglichkeiten - die Kombination aus Smart Metering und Smart Home könnte den endgültigen Durchbruch schaffen. Dazu sind jedoch eher standardisierte als proprietäre Lösungen vonnöten. Angesichts der steigenden Nachfrage nach Energieeffizienz kann KNX eine wichtige Rolle nicht nur im Haus oder Gebäude, sondern in allen Stadtteilen und Städten spielen. Bernd Zeilmann bringt es noch stärker auf den Punkt: „Sektorenkopplung, Energiewende und Klimaschutz sind ohne KNX nicht möglich."

www.knx.org/knx-de/fuer-fachleute/smart-energy-summit

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